Thrill before you die
"Der letzte Tag in deinem Leben"
Edition 1  

Anja Ollmert, Ute Look, Susanne Wolters, Matthias März, Rüdiger Kaufmann

In der ersten Ausgabe erleben Sie eine Sammlung von elf unterschiedlichen Thrillern. Kommen Sie mit auf eine Reise, die Ihnen das Blut gefrieren lässt.

 

Hier als eBook erhältlich ...

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Die schwarze Witwe (Anja Ollmert) … Bernd und Bella sind seit fast dreißig Jahren ein Paar. Die Beziehung liegt schon lange auf Eis. Ein harmloses Spinnennetz lässt in Bella einen Gedanken aufkeimen, der sich nicht mehr unterdrücken lässt.

 

Mein Name ist Rachel (Matthias März) … „Mein Name ist Rachel.", das waren immer ihre ersten Worte, wenn sie einen von ihnen kennen lernte. Eine glatte Lüge, dann eigentlich hieß sie Gudrun. Doch sie hasste diesen Namen. Aber Rachel - das hatte etwas.

 

In den Fängen der Schwarzen Witwe (Rüdiger Kaufmann) … Alles begann als harmloser Urlaub in Las Vegas. Pete hatte Urlaub und wollte sich ein wenig Vergnügen. In einer kleinen Bar auf dem Las Vegas Boulevard traf er die Frau seiner Träume. Doch welches Geheimnis verbarg sie?

 

Melanie (Anja Ollmert) … Melanie lebt seit Jahren in einem hübschen kleinen Haus. Doch ihr Dachboden verkommt mehr und mehr zu einer Lagerhalle. Als sie sich überwindet, dort endlich aufzuräumen, macht sie eine seltsame Entdeckung.

 

Ein schattiges Plätzchen (Ute Look) … Ich öffnete ein kleines Paket und stieß unbewusst das Tor zum ewigen Leben auf. Hätte ich dies vorher gewusst, dieses Päckchen wäre ungeöffnet an den Absender zurück gesendet worden.

 

Taxi (Anja Ollmert) … Sue vergisst den Schlüssel, als sie die Tür zuschlägt. Nun muss sie ein Taxi nehmen, um ins Büro zu kommen. Dort wartet man in einer wichtigen Angelegenheit auf sie. Doch die Fahrt ins Büro wird zu einem Horrortrip...

 

Ein Mann fürs Leben (Susanne Wolters) … Insa ist verheiratet aber ihre Ehe läuft nicht mehr so, wie sie sich das wünschen würde. Da ist es ganz nett, dass ihr ein anderer Mann ein wenig die Langeweile vertreibt. Was aber passiert, wenn dann ein weiterer interessanter Mann auftaucht?

 

Pakt mit der Hölle (Rüdiger Kaufmann) … Jeder von uns hat eine Aversion gegen etwas. Bei manch einem entsteht daraus eine Phobie, die im schlimmsten Fall einem das Leben zur Hölle machen kann. Maximilian Dexter leidet unter einer sehr seltenen Phobie. Er war am Ende seiner Kräfte, doch da fand er ein vielversprechendes Werbeprospekt in seinem Briefkasten ...

 

Todesangst (Susanne Wolters) … Maren muss nach einer Lerngruppe mit dem Fahrrad allein eine einsame Landstraße entlang fahren, um nach Hause zu kommen. Früher als sie vermutete, ist es dunkel geworden und da spielt ihr ihre Angst ein paar böse Streiche.

 

Bella (Ute Look) … Mein Herz pochte laut, als sie sich mir näherte. Sie griff nach mir. Ich fühlte mich wie im Rausch. Dieses Lächeln elektrisierte mich. Wo war ich? Sie umschlang mich und ich spürte ihren dampfenden Atem. Meine Beine gaben langsam nach, sie knickten ein…helft mir, bitte helft mir!

 

Am Ende scheidet uns nur der Tod (Rüdiger Kaufmann) … Als Susan aufwachte, konnte sie sich nicht bewegen. Sie wusste nicht, wo sie sich gerade befand. Was war passiert? Ihr war nur höllisch kalt ... eiskalt ...

Leseprobe:

 

Die schwarze Witwe

 

Bella saß an ihrem Schreibtisch. Sie hatte sich wie so oft am Abend in ihr Refugium zurückgezogen. Das lag in erster Linie daran, dass Bernd ihre Anwesenheit immer weniger wahrnahm. Sie war zu einem Möbelstück geworden, dafür hatten die vergangenen 29 Jahre gesorgt. Bella gab sich selbst durchaus ihren Anteil an diesem unerträglichen Zustand. Immer hatte sie versucht, ihrem Mann alles Recht zu machen. Die Lieblingsspeise am Abend, wenn er heimkam, stets frisch gebügelte Hemden, die sie ihm am Morgen aus der Vielzahl auswählte, jede Art von Bequemlichkeit und Sparsamkeit, kaum einmal eigene Ansprüche, die Bella stellte. So war die Sprachlosigkeit zwischen ihnen das Ergebnis eines fast dreißig Jahre währenden Stillhaltens.

„Hätte ich es doch gewagt, einmal aufzubegehren“, sinnierte Bella vor sich hin. „Jetzt ist es vermutlich zu spät. Die Chance ist vertan.“

 

Während sie sich der Melancholie ihrer Überlegungen hingab, fiel ihr Blick auf ein winziges Spinnennetz in der Zimmerecke. Sie erschrak unwillkürlich. Hatte sie nicht am Vormittag alle Ecken des Hauses penibel gereinigt? Bernd hasste Staub und verabscheute Spinnen geradezu.

Wie hieß noch gleich diese Angst vor Spinnen? Der Gedanke kam unwillkürlich.

Bella zog das Internet zurate. „Arachnophobie“, las sie leise vom Bildschirm ab, als die Suchmaschine ihr das Ergebnis präsentierte.

 

Da stand, dass etwa 10 % der deutschen Bevölkerung unter dieser Art der Angst litten. Eine wahrhafte Bedrohung war dafür scheinbar gar nicht nötig – allein die Vorstellung, sich einer Spinne Auge in Auge gegenüberzusehen, reichte aus, um die Ängste auszulösen.

In Ordnung, da stand auch, dass Frauen davon häufiger betroffen waren, als Männer. Ihr Bernd war wohl eine Ausnahme.

Etwas verächtlich sanken Bellas Mundwinkel herab. Er hatte sich auch so im Laufe der Zeit als Weichei erwiesen. Den starken und unbeugsamen Mann gab er nur in den heimischen vier Wänden. Im Büro saß er still und emotionslos hinter seinem Schreibtisch, widersprach weder dem Chef noch den Kollegen, die ihm häufig genug ihren Anteil an Arbeit zuschusterten. Bernd wehrte sich nie. Seinen Frust lud er stattdessen bei Bella ab.

 

Bellas Finger auf der Computermaus ließ die Seite der Suchmaschine herabscrollen. Ihr Blick ankerte an einem Wort, das etwas in ihr auslöste. Es folgte ein Klick auf den Link und sie tauchte seltsam fasziniert in den erklärenden Text des Internetlexikons ein.

[… erkannte man schon im 15. Jahrhundert den Tarantismus, eine durch den Biss der europäischen Schwarzen Witwe (Latrodectus tredecimguttatus) ausgelöste Krankheit, bei der die Betroffenen unter Halluzinationen und Zuckungen des ganzen Körpers leiden. Erleichterung verschaffte man den Kranken mit einer Schwitzkur oder fragwürdigen Behandlungsmethoden mit tierischen Exkrementen. Besonders zu erwähnen ist, dass die Tanzform der Tarantella dazu geschaffen wurde, den vom Spinnenbiss Betroffenen mit den veitstanzähnlichen Bewegungen Linderung von ihren Leiden zu verschaffen ...]

 

Bella grinste. Bernd hasste es, zu tanzen. Veranstaltungen, bei denen man mit Musik und einer Tanzfläche die Teilnehmer zu Bewegung und Spaß einlud, waren somit seit Jahren absolut ausgeschlossen. Wie wäre es, wenn sie Bernd um den Tisch und durch das ganze Haus tanzen lassen würde? Sein Blutdruck würde in schwindelnde Höhen klettern. Auf Bellas Gesicht zeichnete sich eine gewisse Nachdenklichkeit ab, während sie den Text weiterverfolgte ...

 

In den Fängen der Schwarzen Witwe

 

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Hatte ich das gerade wirklich getan? Ich stand in einer dieser kleinen Kapellen in Las Vegas. Mein schwarzer Anzug war nur geliehen, wie auch die Trauzeugen, die uns netterweise zur Verfügung gestellt worden waren. Vor einer Minute hatte ich auf die folgende Frage geantwortet.

„Wollen Sie die hier anwesende Betty Clarksen zur Frau nehmen, Sie lieben und ehren, bis dass der Tod Sie scheidet? So antworten Sie mitJa, ich will.“

„Ja, ich will.“

Betty Clarksen war soeben meine Frau geworden. Ich war noch wie in Trance, als man Hochzeitsfotos von uns machte. Betty war die Frau, von der viele nur träumten. Sie hatte die perfekten Modelmaße 90 – 60 – 90, langes, schwarzes Haar und smaragdgrüne Augen. Sie hatte mich auserwählt, ihr Mann zu werden. Dabei kannte ich sie gerade mal 5 Tage. Wir trafen uns in einer kleinen Bar auf dem Las Vegas Boulevard. Ich hatte gerade etwas Geld in einem der Kasinos gewonnen und ruhte mich bei einem Glas Bier aus. Betty betrat die Bar, schaute sich um und kam direkt zu mir an den Tisch …

„Darf ich mich setzen?“

„Ja bitte. Der Platz ist noch frei.“

„Danke schön. Machen Sie hier Urlaub?“

„Ja. Ich wollte schon immer mal nach Las Vegas. Jetzt habe ich auch noch glatt etwas gewonnen. Darf ich Sie zu einem Glas einladen?“

„Aber gerne.“

Betty winkte den Kellner heran.

„Ich hätte gerne einen Cocktail. Kennen Sie die Black Widow?“

„Nein, leider nicht.“

„Kein Problem. Nehmen Sie einfach 3 cl Golden Rum, 1 cl Southern Comfort, 1 Spritzer Zuckersirup und den Saft einer Limette. Alle Zutaten mit Eis im Shaker schütteln. Fertig.“

„Kommt sofort.“

Der Kellner ging auf direktem Wege zum Barkeeper und gab die Bestellung ab.

„Das klingt ja interessant. Ich meine Ihren Cocktail.“

„Ja, den trinke ich für mein Leben gerne.“

 

Ich war von Betty fasziniert. Sie hatte etwas an sich, was einen in den Bann zog. Ihre Augen funkelten mich geheimnisvoll an ... Die Zeit verging wie im Flug und etliche Gläser Scotch später ergriff Betty meine Hand.

Sie beugte sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.

„Hey Pete, du hast mich echt scharfgemacht. Mein Hotel ist gleich hier um die Ecke. Komm lass uns gehen …“

Ein wenig perplex sah ich sie an, doch wenn einem so eine heiße Braut über den Weg läuft, sagt man nicht Nein. Schnell bezahlte ich die Rechnung und wir machten uns auf den Weg zum Hotel. Bereits vor der Zimmertür fiel sie über mich her. Leidenschaftlich küssten wir uns. Unsere Zungen spielten miteinander. Betty öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Keine zwei Minuten später lagen wir auf dem Doppelbett. Wir begannen damit, uns die Kleider vom Leib zu reißen. Es war vollkommen egal, ob meine Hemdknöpfe quer durch das Zimmer flogen. Nackt, wie Gott sie schuf, saß Betty nun auf mir. Ihr Körper war makellos. Es wurde die heißeste Nacht meines Lebens. Mit Sicherheit nicht nur, weil draußen noch 30 Grad waren.

Seit dieser Nacht war ich Betty verfallen. Ich wollte mehr von ihr und das sollte ich auch bekommen. Bei jeder Gelegenheit liebten wir uns. Fünf Tage später stand ich mit ihr vorm Traualtar ... 

 

Ein schattiges Plätzchen

 

Vorsichtig und voller Vorfreude packte ich das Paket aus. Zerbrechlich stand in großen Lettern darauf. Behutsam entnahm ich dem verschwenderisch beigelegten Verpackungsmaterial die kleine Statue aus Stein. Wunderschön. Ich hielt eine fast identische Kopie des berühmten und von mir geliebten „Angel of Grief“ in Miniaturform in meinen Händen. Ein leiser Schauer lief mir über den Rücken, denn diese kleine Skulptur entfachte in mir ein Gefühl, welches mir fremd war und ich nicht einordnen konnte.

 

Sehnsuchtsvolle Trauer.

 

Ich berührte die winzig kleinen Finger der rechten Hand und erschauerte. Gleichzeitig spürte ich förmlich die Verzweiflung, die ein Mensch empfinden musste, der seinen geliebten Partner verlor.

 

Verzweiflung!

 

Verzweiflung angesichts des Todes. Dies drückte die Skulptur aus.

Wie sehr muss ein Mensch geliebt worden sein, dem so ein wunderschönes Andenken und Grabmal gesetzt wurde. Ihr Name ist Emelyn, begraben unter dem beeindruckenden Original auf dem Friedhof in Rom.

 

So stelle ich mir auch mein Grab vor. Geschmückt mit einem monumentalen Engel. Mein Wunsch für die Unendlichkeit meines Seins.

 

Meine kleine Terrasse schmücken viele steinerne Skulpturen, Gargoyles, Steingesichter und jetzt im Sommer ein großes, buntes Blumenmeer. Für meinen kleinen Engel hatte ich einen besonderen Platz ausgesucht. Inmitten von Efeuranken hat er seinen Platz auf einem antikweißen runden Pflanzgefäß gefunden.

 

Betrete ich meine Mini-Terrasse, schaue ich zuerst auf meine Lieblingsskulptur. Trotz der Mittagssonne liegt sie im kühlen Schatten. Vereinzelte Sonnenstrahlen tanzen auf den kleinen filigranen Füßen. Schön ist mein kleiner Engel, überirdisch schön. Er liegt dort gefangen in tiefer Trauer.

 

Etwas ließ mich aus meinem Tiefschlaf hochfahren. Was waren das für Geräusche? Es hörte sich wie Kratzen und Scharren an. Unerträglich laut. Völlig schlaftrunken stieg ich aus meinem Bett. Je näher ich dem Wohnzimmer kam, desto lauter wurden die Geräusche. Ich sah, dass die Terrassentür geschlossen war. Dennoch mussten die Geräusche von draußen kommen, denn im Wohnzimmer herrschte absolute Stille.

 

Ich ging näher zur Terrassentür und schaute durchs Glasfenster nach draußen und wich jäh zurück. Etwas kleines, undefinierbar Schwarzes prallte mit einem lauten Knall gegen die Scheibe und fiel danach zu Boden. Was war das? Minutenlang blieb ich ohne mich zu bewegen vor der Tür stehen. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus. Ein Vogel konnte es um diese Uhrzeit nicht sein. Eine Fledermaus? Eher unwahrscheinlich. Vorsichtig öffnete ich die Tür und schaltete die Außenbeleuchtung der Terrasse ein.

Nichts, Stille.

 

An der Außenscheibe bemerkte ich eine leicht grünliche, phosphoreszierende Schleimspur. Und dann sah ich ein handtellergroßes, käferartiges Wesen auf den Bodenfliesen rutschen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es bewegte sich wie eine Made, denn es hatte keine Beine. Der Kopf war mit übergroßen Fühlern ausgestattet, die grün glitzerten. Der längliche, wurmartige Körper war schwarz.

Mehr konnte ich nicht erkennen, denn das Wesen rutschte rasend schnell durch die hölzerne Terrassenverkleidung auf den angrenzenden Hof und verschwand in der Dunkelheit der Büsche.

Auf den Fliesen nahm ich eine schimmernde und süßlich riechende Schleimspur wahr.

 

Ekel und Kälte durchdrangen mich. Fröstelnd ging ich zurück ins Schlafzimmer und hoffte darauf, nur schlecht geträumt zu haben.

 

Am Ende scheidet uns nur der Tod

 

»Mir ist kalt. Es ist hier eiskalt. Wo bin ich? Alles um mich herum ist dunkel. Ich kann mich nicht bewegen. Meine Glieder sind so steif. Liegt es an der eisigen Kälte? Bin ich tot? Nein, das kann nicht sein. Ich denke und spüre, dass mir kalt ist. Hat da nicht gerade jemand eine Tür geöffnet? Hallo? Hallo? Meine Lippen bringen keinen Ton heraus. Was ist hier los? Wieso höre ich meine Stimme nicht? … Was sagen sie da? Nein, das ist nicht wahr.«

 

»Guten Tag Mister Devlin. Ich weiß, wie schmerzhaft es für sie sein muss. Aber ich muss Sie bitten, Ihre Frau zu identifizieren.«

Doktor Papadakis entfernte ein weißes Laken und gab so den Blick auf eine junge, hübsche Frau frei.

»Bitte sehen Sie genau hin. Ist Sie es?«

George Devlin hielt sich die Hände vor sein Gesicht.

»Ja, mein Gott. Sie ist es. Wie konnte das nur passieren? Wie ist meine Frau gestorben?«

»Das können wir erst nach der Autopsie sagen. Nochmals mein aufrichtiges Beileid.«

»Ich danke Ihnen. Könnte ich noch einen Moment alleine mit ihr sein?«

»Sicher, ich hole in der Zwischenzeit die Papiere.«

Doktor Papadakis verließ den Raum. Langsam trat George an seine Frau heran.

»Hallo Schatz. Wie geht es dir?«

»George? Aber ich lebe doch. Langsam kommt meine Erinnerung zurück.«